Dirk Theege

 

„Der Blues berührt,

wenn man  Glück hat, die Seele”

In unserer Serie „Mitglieder vorgestellt“ besuchten wir den Elmshorner Sänger und leidenschaftlichen Blues-Musiker Dirk Theege in seinem Proberaum auf Langelohe.

Dirk Theege ist zweifelsohne das, was man einen typischen Elms-horner Jung nennen kann. Geboren 1957 in Elmshorn, Grundschulbesuch auf der Hafenschule anschließend Bis-marckschule, dann Ausbildung zum Erzieher und dann irgendwann der Schritt in die Selbstständigkeit mit dem Fahrradhandel „Fahrradbörse“. Doch wenn man mit ihm über sein Leben spricht, wird einem schnell bewusst, dass vor allem eines im Leben von Dirk Theege dominiert – sein individueller Charakter. Theege ist stets seinen Grundsätzen treu geblieben und bereit, für seine Freiheit auch manchmal andere Wege zu beschreiten.

Als Dirk Theege Ostern 1964 in die Hafenschule eingeschult wird, gelten für die Schüler noch die sogenannten Kurzschuljahre. Damit sollte in jenen Zeiten durch verkürzte Schulbesuche der zweiten und dritten Klasse, die Einschulungstermine auf den Spätsommer umgestellt werden. Im Jahre 1967 geht er dann auf die Bismarckschule. Doch die Strukturen und die Einstellung vieler älterer Lehrkräfte, die aufgrund von Personalmangel wieder in den Dienst geholt wurden, widersprechen seinem Verständnis vom Lernen fürs Leben. Darüber hinaus merkt er, dass er als Arbeiterkind von einem Gefüge von Kapital und Tradition umgeben ist. Theege kann es mit seinem Gerechtigkeitssinn schließlich nicht mehr vereinen, bezieht Opposition und verlässt letztlich das Gymnasium.

Er beginnt ein Berufspraktikum im Kinderhaus und entdeckt den Beruf des Erziehers für sich. Dirk Theege besucht die Erzieherfachschule in Pinneberg und macht die Fachhochschulreife mit Auszeichnung. Nach seiner Ausbildung macht er von seinem verfassungsmäßigen Recht Gebrauch und verweigert den Wehrdienst. „Doch dies war nicht einfach“, erinnert Theege sich heute und erzählt uns die Geschichte, wie er einer Prüfungsgruppe gegenüber steht, die immer wieder versucht, durch Suggestiv-fragen seine Bereitschaft zur Verteidigung von Leib und Leben zu erkunden. Doch Dirk Theege bleibt seinen Grundsätzen treu und es gelingt ihm, den Wehrdienst zu verweigern. „Aus heutiger Sicht kann man sich das gar nicht mehr vorstellen“, erinnert er sich heute. Dann folgten 18 Monate Zivildienst, den er bei der Lebenshilfe in Thesdorf in einer Werkstatt für Behinderte ableistet.

„Mein Leben ist ein Gesamtkunstwerk“, bemerkt Theege, wenn er heute in die Vergangenheit blickt. Dabei erinnert er sich auch an die Zeiten, in denen Live-Musik in Elmshorn in vielen Kneipen gespielt wurde. Vielleicht sind es die Parallelen, die Blues und seine persönliche Entwicklung vereinen, vielleicht ist es aber auch nur das Gefühl, die richtige Musik zu machen. Theege spielt Gitarre und Mundharmonika (Blues Harp) und verleiht dem Blues durch sein Mitwirken eine ganz eigene Note. Das bemerken schnell auch andere. Nach einem Spontan-Auftritt in einer Elmshorner Kneipe wird er von dem damaligen Schlagzeuger der frisch gegründeten Farmers Road Blues Band, Holger Stoldt, angesprochen, ob er der Formation beitreten wolle. Zu diesem Zeitpunkt hätte er wohl nie geahnt, dass er als Frontmann und Bandleader rund 35 Jahre später das Jubiläumskonzert der Band im Jahre 2015 vor 400 begeisterten Fans spielen wird. Blues-legende B.B. King hat einmal gesagt, dass der Blues die Seele berührt, wenn man Glück hat. Diese Erfahrung macht auch Theege. Gemeinsam Musik zu machen – diese soziale Komponente erfüllt ihn mit einem unbeschreiblichen Lebensgefühl.

Um noch mehr Musik machen zu können, reduziert Dirk Theege seine Arbeitszeit. Dies macht sich natürlich nach einiger Zeit auch finanziell bemerkbar. Zu diesem Zeitpunkt beschließt er, das Musikalische zukünftig zu seinem Hobby zu machen. In Neuendeich, wo er damals lebte, sammelte Dirk Theege erste Erfahrungen mit Fahrrädern. Um mehr über die Drahtrösser zu erfahren, sägt er die Zweiräder durch und studiert Aufbau und Konstruktion. Theege beschließt sich selbstständig zu machen, schaltet Kleinanzeigen mit Kaufgesuchen und Angeboten. Seine Idee ist eine Fahrradbörse, bei der er gebrauchte Fahrräder aufkauft und diese nach kurzer Prüfung wieder verkauft. Der Anfang für seine Selbstständigkeit war gelegt.

Im Jahr 1987 zieht er mit seiner Fahrradbörse von Klein Nordende nach Langelohe. Hier wohnt und arbeitet er unter einem Dach. Im Hinterhof des Grundstücks verkauft Theege Fahrräder. Das Geld, was er verdient, investiert er in seinen Warenbestand. Um sein Sortiment zu erweitern, leiht er sich 5.000 DM von einem Freund und kauft Neu-Fahrräder ein. Der einsetzende Fahrradboom entwickelt sich fördernd für sein Geschäft. Irgendwann sitzt Dirk Theege nach der Arbeit in der Kneipe Tante Hertha auf Langelohe, als ihm das ehemalige Gewächshaus der Baumschule Horstmann als neuer Firmensitz angeboten wird. Die Idee, im Gewächshaus Fahrräder zu verkaufen, reizt ihn. Für 800 DM mietet er die Räumlichkeiten und eröffnet 1992 die Fahrradbörse auf Langelohe Nr. 65. Das Kaufmännische in seinem Business gefällt dem Fahrradhändler. Besonders das Gefühl, dem Kunden etwas zu verkaufen, was er wirklich braucht, ist für ihn eine Bestätigung. Der Vertrieb von speziellen Fahrrädern für ältere Menschen und Menschen mit Bewegungseinschränkungen bereitet ihm dabei viel Freude. „Ich liebe es, wenn ich merke, dass ich mit meinen Fahrrädern Menschen zu einem entscheidenden Stück Selbstständigkeit verhelfen kann“, erklärt er uns.

Mit dem Kauf des eigenen Heimes wird Dirk Theege Mitglied im Haus & Grund Eigentümerverein. Elmshorn, das ist für ihn ein idealer Lebensraum. Die direkte Nähe zu Hamburg mit ihren vielen Angeboten, die grüne Umgebung der Krückaustadt, Schulen, Ärzte, Wochenmarkt, der persönliche Kontakt zu vielen Menschen privat sowie in der Wirtschaft – „das passt“, sagt er uns. Die jüngsten Bemühungen, Elmshorn zur besseren Fahrradstadt zu machen und Fahrradstreifen am Ellern- und Steindamm einzurichten, hält der Fahrradfachmann in dieser Form für eine komplette Fehlentscheidung. „Wenn man das richtig machen will, sollte man einmal in Kopenhagen die Fahrradwege studieren. Diese sind in beide Richtungen befahrbar, egal auf welcher Seite der Straße ich fahre. Nur so entwickelt sich eine Dynamik, dass Fahrradfahren plötzlich zur ernsthaften Alternative zum Autofahren wird“, verrät er uns. Dirk Theege mag sein Elmshorn trotzdem. Glücklich verheiratet fühlt er sich hier mit seinen Kindern pudelwohl und wenn er ein bisschen Zeit hat, dann geht es aufs Rad. Seine Lieblingsstrecke: Vorbei hinter dem Krankenhaus, über den Ramskamp nach Ellerhoop und dann wieder über Kölln-Reisiek zurück. „Wenn ich Lust habe und das Wetter mitspielt, dann gibt es auch mal einen Abstecher auf einen Cappuccino nach Rantzau zur Schlossinsel“, bemerkt er abschließend und freut sich schon auf die erste wärmende Märzsonne und schöne Fahrradtouren.